Die Carrier Global-Aktie hat in den letzten drei Jahren 240 Prozent an Wert gewonnen. / Foto (Firmenzentrale in Florida): Carrier Global

  Nachhaltige Aktien

Viessmann-Käufer Carrier Global: Wie gut ist die Wärmepumpen-Aktie?

Von der Viessmann Group gibt es keine Aktien. Aber vom US-Konzern Carrier Global, der große Teile des deutschen Wärmepumpen- und Heizungsbauers übernimmt. Dadurch entsteht ein neues börsennotiertes Schwergewicht auf dem Wärmepumpen-Markt. Kann sich ein Einstieg in die Carrier Global-Aktie aktuell lohnen? Und ist das Unternehmen nachhaltig? ECOreporter hat Carrier Global analysiert und kommt zu einem klaren Fazit.

1902 erfand der amerikanische Ingenieur Willis Carrier ein elektrisches Gerät, mit dem sich Gebäude kühlen lassen: die Klimaanlage. 121 Jahre später setzt die nach ihm benannte Firma auf Technik, die wie eine umgekehrte Klimaanlage funktioniert: die Wärmepumpe.

Carrier Global gehört heute zu den größten Klimatechnikkonzernen der Welt, verkauft seine Produkte in 160 Ländern. Das Unternehmen mit Stammsitz in Palm Beach Gardens (Florida) ist jahrzehntelang auch durch Übernahmen in Europa und Asien gewachsen. 2004 kaufte man etwa die Kältetechniksparte der Münchener Linde AG. Die Deutschlandzentrale von Carrier befindet sich in einem ehemaligen Linde-Werk in Köln.

12 Milliarden Euro für den Markteintritt in Europa

Carrier hat bereits seit vielen Jahren Wärmepumpen im Programm, zu einem führenden Branchenunternehmen wird der Konzern aber erst mit der Übernahme von Viessmann. Die deutsche Traditionsfirma, 1917 im nordhessischen Allendorf gegründet, gilt als wichtigster deutscher Wärmepumpenhersteller. Das nicht börsennotierte Unternehmen bietet zudem herkömmliche Gasheizungen, Solaranlagen und wasserstofffähige Heizsysteme an.

Carrier will die Klimatechniksparte, mit der Viessmann 85 Prozent seiner Umsätze erzielt, für 12 Milliarden Euro kaufen. 9,6 Milliarden Euro sollen in bar gezahlt werden, der Rest in Carrier-Aktien. Die Viessmann-Gründerfamilie wird dadurch zu einem der größten Aktionäre von Carrier und erhält auch einen Sitz im Verwaltungsrat. Marktbeobachter rechnen nicht damit, dass die Aufsichtsbehörden ihr Veto gegen den Verkauf einlegen werden.

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Carrier sichert sich durch die Übernahme den Zugang zum lukrativen europäischen Wärmepumpenmarkt. Dieser könnte sich nach Einschätzung des Konzerns bis 2027 auf 15 Milliarden US-Dollar verdreifachen. Alleine in Deutschland sollen ab 2024 jährlich mindestens 500.000 Wärmepumpen installiert werden, und Viessmann hat in Europa aufgrund seiner langjährigen Zusammenarbeit mit ungefähr 75.000 Heizungsmonteuren eine hervorragende Marktposition.

Der Mercedes der Heizungsmarken

Viessmann verkauft seine Klimatechniksparte, weil das Unternehmen davon ausgeht, alleine nicht dauerhaft gegen deutlich größere asiatische Konkurrenten wie Daikin, Mitsubishi oder Samsung bestehen zu können. Diese haben jahrzehntelange Erfahrung mit Klimaanlagen und damit allen wesentlichen Komponenten von Wärmepumpen und produzieren höhere Stückzahlen zu geringeren Kosten. „Wir sind davon überzeugt, dass sich der Markt für Klimalösungen radikal verändern wird. Industrielle Größe wird künftig ein wichtiger Erfolgsfaktor“, sagte Viessmann-Geschäftsführer Max Viessmann vor wenigen Tagen dem „Handelsblatt“. Carrier-Chef David Gitlin nennt Viessmann den „Mercedes der Heizungsmarken im Endkundenbereich“ und verspricht, die Viessmann-Standorte mit ihren 10.500 Arbeitsplätzen zu erhalten.


Global Carrier baut durch die Viessmann-Übernahme seine Wärmepumpensparte massiv aus. / Foto: Viessmann

Viessmann erzielte zuletzt einen Jahresumsatz von 4 Milliarden Euro. 2021 fiel ein Bilanzgewinn von knapp 253 Millionen Euro an. Nach der Übernahme und einigen weiteren größeren Konzernumbauten wird Carrier ungefähr 45.000 Menschen beschäftigen und erwartet einen Jahresumsatz von 17 Milliarden Dollar. Das Unternehmen will sich künftig ganz auf Klimatechnik konzentrieren und seine beiden anderen Standbeine – gewerbliche Kühlsysteme und Brandschutzprodukte wie Feuermelder und Sprenkleranlagen – 2024 verkaufen. Diese Bereiche steuerten im ersten Quartal 2023 zusammen etwa ein Drittel zum Konzernumsatz bei.

Aktuell beschäftigt Carrier noch 52.000 Menschen, der letzte Jahresumsatz betrug 20 Milliarden Dollar. Mehr als die Hälfte davon kam aus Nord- und Lateinamerika. In diesem Jahr rechnet das Management mit einem Umsatzanstieg auf 22 Milliarden Dollar, einem freien Cashflow von 1,9 Milliarden Dollar und einem um Sondereffekte bereinigten Gewinn je Aktie von 2,50 bis 2,60 Dollar. 2022 lag der bereinigte Gewinn je Aktie bei 2,34 Dollar.

Carrier ist solide finanziert. Ende März 2023 verfügte der Konzern über Vermögenswerte von 26,4 Milliarden Dollar, darunter 3,3 Milliarden Dollar liquide Zahlungsmittel. Dem standen Verbindlichkeiten in Höhe von 17,9 Milliarden Dollar gegenüber. Ein beträchtlicher Teil der Schulden ist durch die Zukäufe der letzten Jahre entstanden. Die Konzernleitung geht davon aus, dass die Viessmann-Übernahme den Gewinn 2024 und die freien Cashflows bis 2026 belasten wird. Im operativen Geschäft rechnet Carrier mit 200 Millionen Dollar Einsparungen pro Jahr aufgrund von Synergieeffekten.

Wie nachhaltig ist Carrier?

Carrier ist kein grünes Vorzeigeunternehmen, bemüht sich aber, nachhaltiger zu werden. Bis 2030 soll in der Produktion kein Wasser mehr verbraucht und kaum noch Klimagas ausgestoßen werden. 2021 sanken die Emissionen des Unternehmens in der Fertigung (Scope 1 und 2) umsatzbezogen um 8 Prozent zum Vorjahr, die Energieeffizienz stieg um 4 Prozent. Zudem konnte 50 Prozent mehr Sondermüll recycelt werden als 2020. Bis 2030 strebt Carrier Geschlechterparität im Management an. 2021 war ein Drittel der Führungspositionen mit Frauen besetzt.

In der Kritik steht Carrier, weil in älteren Produkten des Konzerns gesundheitsschädliches Asbest und Alkylverbindungen (PFAS) enthalten sind. PFAS werden auch als Ewigkeitschemikalien bezeichnet, weil sie sich in der Natur nur sehr langsam abbauen. In den USA liefen in den letzten Jahren mehrere Gerichtsverfahren gegen Carrier und zahlreiche weitere Technologieunternehmen, die Asbest und PFAS verbaut hatten.

240 Prozent Wertzuwachs seit März 2020

Carrier gehörte von 1979 bis 2020 zum US-Mischkonzern United Technologies. Als sich dieser aufspaltete, wurde Carrier wieder eigenständig und ging an die New Yorker Börse. Der Aktienkurs ist seitdem um knapp 240 Prozent gestiegen. Die Aktie wird auch an deutschen Börsen gehandelt. Mit einer Marktkapitalisierung von 34 Milliarden Dollar zählt Carrier zu den 500 wertvollsten Aktiengesellschaften der USA und wird im Großwerteindex S&P 500 geführt.

94 Prozent der Aktien befinden sich in Streubesitz, größter Einzelaktionär ist der Finanzkonzern Vanguard mit 11,2 Prozent der Anteile. Mit einem erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2023 von unter 17 ist die Aktie derzeit moderat bewertet.

Carrier schüttet seit dem Börsengang jährlich steigende Dividenden aus, aktuell liegt die Jahresdividende bei 0,74 Dollar je Aktie (0,67 Euro). Das entspricht einer ordentlichen Dividendenrendite von knapp 1,8 Prozent.

Fazit

Carrier wird mit der Übernahme von Viessmann zu einem der wichtigsten westlichen Wärmepumpenhersteller. ECOreporter sieht gute Aussichten für den Konzern, auch weil die Viessmann-Sparte durch die künftig deutlich höheren Produktionskapazitäten noch profitabler werden dürfte. Zudem bewegt sich Carrier mit dem Ausbau seines Wärmepumpenangebots in einem lukrativen Wachstumsmarkt. Wer jetzt in die nicht zu teure Aktie einsteigt, sollte allerdings mindestens einige Jahre an ihr festhalten: Weitere Firmenzukäufe können den Börsenkurs zwischenzeitlich deutlich schwanken lassen.

Lesen Sie auch das ECOreporter-Dossier Diese Wärmepumpen-Aktien profitieren von der Energiewende.

Carrier Global Corp.: ISIN US14448C1045 / WKN A2P1UY

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