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Können Krypto-Investments nachhaltig sein? Ein Kommentar
Kryptowährungen als nachhaltige Geldanlage – absurde Idee oder sinnvolle Option? ECOreporter hat sich in der Welt von Bitcoin, Ethereum, Dogecoin & Co. umgesehen und zieht ein eindeutiges Fazit.
Als die große US-Kryptobörse FTX im November 2022 zusammenbrach und Insolvenz anmeldete, verloren Kunden und Investoren Milliarden von Dollar. Der Chef von FTX muss sich wegen Betrugsverdacht vor Gericht verantworten, auch gegen andere Krypto-Handelsplattformen ermitteln die Behörden.
Trotzdem sind Kryptowährungen weiterhin ein beliebtes Investment-Thema. Einer Umfrage der Postbank zufolge besitzen etwa 7 Prozent aller Deutschen Kryptos. Auch herkömmliche Banken bieten mittlerweile Kryptokäufe an. Der Bitcoin und andere digitale Währungen haben es von der Nische in den Mainstream geschafft, Berichte in renommierten Medien inklusive. Trotz zuletzt hoher Verluste kommt der weltweite Krypto-Sektor aktuell auf eine Marktkapitalisierung von fast 1 Billion US-Dollar und ist damit ungefähr so viel wert wie Amazon.com, eines der größten Unternehmen der Welt.
Neben angeblich sensationellen Rendite-Chancen (die sich in vielen Fällen bislang nicht bestätigt haben) verweisen Krypto-Fans auch gerne auf positive soziale Eigenschaften digitaler Währungen. Die Unabhängigkeit von Zentralbanken und staatlicher Gängelei ermögliche es, Finanzmittel freier und schneller um den Globus zu schicken. Eines der beliebtesten Beispiele für den Nutzen von Kryptos: die Kriegskasse der Ukraine. Das Land hat Regierungsangaben zufolge Krypto-Spenden aus aller Welt rascher und unkomplizierter entgegennehmen können als herkömmliche Geldzahlungen.
Allerdings gibt es gute Gründe, an der Nachhaltigkeit von Kryptowährungen zu zweifeln:
Die Umweltschäden
Kryptos werden vor allem in großen Mining-Farmen erzeugt. Die brauchen mehr Strom als viele Staaten. / Foto: imago images
Die mit Abstand größte digitale Währung Bitcoin verbraucht gigantische Mengen Energie, vor allem beim Erschaffen der Coins (dem sogenannten Mining). Das liegt an der Blockchain, einem komplexen Datensystem, das die Sicherheit der Zahlungsvorgänge garantiert, dafür aber auf ein weltweit verästeltes, leistungsstarkes Computer-Netzwerk zurückgreift.
Nach Berechnungen des Informations-Portals digiconomist benötigt zudem eine einzelne Bitcoin-Überweisung so viel Strom wie ein durchschnittlicher US-Haushalt in 26 Tagen. Und sie erzeugt fast so viel CO2 wie eine Million Zahlungsvorgänge des Kreditkartenkonzerns VISA.
Insgesamt verbraucht die globale Krypto-Branche laut digiconomist derzeit im Jahr mehr als 200 Terawattstunden Strom und damit in etwa so viel wie ganz Thailand mit seinen 70 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern. Zum Vergleich: Das herkömmliche weltweite Finanzsystem benötigt im Jahr etwa 260 Terawattstunden Strom. Den CO2-Fußabdruck der Kryptowährungen schätzt digiconomist auf 114 Megatonnen pro Jahr – das entspricht dem Fußabdruck der Tschechischen Republik. Sollte das Interesse an Kryptos weiter zunehmen, dürften digitale Währungen bald mehr Energie verbrauchen als herkömmliche Zahlungsmittel, obwohl mit ihnen nur ein Bruchteil der weltweiten Geldgeschäfte abgewickelt wird.
Krypto-Befürworter wenden an dieser Stelle gerne ein, dass es energiearme Alternativen zum Bitcoin gibt, etwa Ethereum. Das stimmt, allerdings ist der Marktanteil dieser klimafreundlicheren Währungen bislang noch gering. Und ob er nennenswert steigen wird, weiß niemand. Denn „grüne“ Coins brauchen auch deshalb weniger Strom, weil sie ein anderes Sicherungssystem als der Bitcoin einsetzen (Proof of Stake statt Proof of Work). Proof of Stake ist zwar energieeffizient. Kritiker bemängeln aber, dass das System zu einer Zentralisierung der Währungen führe - neue Coins könne vor allem schürfen, wer schon viele besitze.
Ein weiteres beliebtes Umweltargument in Krypto-Kreisen: Ja, man brauche sehr viel Strom, aber der lasse sich doch auch mit Wind- und Solarparks erzeugen – mit der Energiewende werde auch der digitale Währungssektor klimaneutral. Das Problem daran: Derzeit gibt es weltweit nicht einmal genug grünen Strom, um eine emissionsfreie Grundversorgung mit etwa Lebensmitteln und Heizenergie zu gewährleisten. Der Ökostrom, den Krypto-Farmen verbrauchen, fehlt anderswo für wirklich Wichtiges.
Die Kriminalität
Der US-Pipeline-Betreiber Colonial zahlte 2021 Krypto-Coins an Erpresser, die das Netzwerk des Konzerns lahmgelegt hatten. / Foto: Unternehmen
Wer mit Kryptowährungen handeln will, muss dazu kein Bankkonto eröffnen. Digitale Geldbörsen, sogenannte Wallets, lassen sich im Internet teilweise ohne Identitätsnachweis einrichten. Ihre Besitzer können anonym bleiben – eine Einladung für Kriminelle. Immer wieder fordern Erpresser von ihren Opfern Zahlungen in Kryptowährungen, weil sich deren Spuren leichter verwischen lassen. Auch die Mafia wickelt einen Teil ihrer Geschäfte über Kryptos ab.
Nach Recherchen der amerikanischen Blockchain-Datenplattform Chainalysis wurden 2022 im Zusammenhang mit Verbrechen Krypto-Überweisungen im Gegenwert von 20 Milliarden US-Dollar durchgeführt – trotz verbesserter Sicherheitssysteme 2 Milliarden Dollar mehr als 2021 und viermal so viel wie 2018. Zudem soll etwa das Regime in Nordkorea bereits seit Jahren mit Bitcoin-Diebstählen seine Staatsfinanzen aufbessern. Und Drogen, Waffen oder Kinderpornografie werden im unregulierten Darknet mit Kryptos bezahlt.
Das große Nichts
Was bei den Diskussionen um Investments in Bitcoin, Ethereum oder Tether oft vergessen wird: Kryptowährungen sollen eigentlich in erster Linie Zahlungsmittel sein, digitale Alternativen zu herkömmlichem Geld. Doch mit Kryptos lässt sich nach wie vor fast nirgendwo einkaufen. Die Brötchen beim Bäcker, der Eintritt im Schwimmbad, die Eigentumswohnung – Krypto-Zahlungen sind hier bislang nicht vorgesehen. Dass Elektroautos von Tesla in den USA mittlerweile auch mit Dogecoin bezahlt werden können: vor allem ein PR-Coup von Coin-Fan Elon Musk. Global gesehen haben Kryptowährungen keine Funktion, sie bleiben reine Spekulationsobjekte. Und weil sie nicht das leisten, wofür sie ursprünglich erschaffen wurden, haben sie letztlich auch keinen echten Wert – weder einen gesellschaftlichen noch einen finanziellen.
Gewinne kann mit Kryptos nur erzielen, wer jemanden findet, der mehr dafür bezahlt, als man selbst für sie ausgegeben hat. So steigt der Preis, aber nicht der Wert der Coins – bis das System zusammenbricht. Ein Schneeballsystem.
Die starken Schwankungen
Nachhaltigkeit hat etwas mit Werterhalt, Verlässlichkeit, Stabilität zu tun. All das gibt es bei Kryptowährungen bislang nicht. Die Kurse schwanken sehr stark, die beiden größten Währungen Bitcoin und Ethereum haben auf Jahressicht um die 40 Prozent an Wert verloren (Stand 30.1.2023). Der mittelamerikanische Staat El Salvador, in dem der Bitcoin seit 2021 ein offizielles Zahlungsmittel ist, steckt auch deshalb in der tiefsten Finanzkrise seit Jahrzehnten.
Nicht einmal die sogenannten Stable Coins, die einen festen Umtauschkurs zu Währungen wie dem US-Dollar garantieren sollen, sind sturmfest. Der Stable Coin UST etwa verlor im Mai 2022 zwischenzeitlich 70 Prozent zum Dollar – ein Einbruch, der das Vertrauen in die Zuverlässigkeit von Kryptos genauso schwer erschütterte wie die Pleite der Krypto-Börse FTX im November.
Fazit
Vielleicht werden Kryptowährungen eines Tages einen Nutzen für viele Menschen haben. Vielleicht können sie sogar zu mehr Nachhaltigkeit im Finanzbereich beitragen. Derzeit sieht ECOreporter allerdings vor allem Nachteile: Umweltschäden, spekulative Blasen, Spielwiesen für Kriminelle. Nachhaltige Geldanlagen sind der Bitcoin und seine Verwandten bislang nicht.
Wie Sie Ihr Geld wirklich nachhaltig anlegen können, erfahren Sie hier.