Der Weg zur Quellensteuer-Erstattung ist nicht leicht. Aber er kann sich lohnen. / Foto: Pixabay

  Nachhaltige Aktien

So holen Sie sich ausländische Quellensteuer zurück

Die Quellensteuer ist einer der Hauptgründe, warum Anlegerinnen und Anleger einen Bogen um ausländische Aktien machen. Aber die Steuer lässt sich teilweise zurückfordern. Das verbessert die Aktienrenditen deutlich.

Deutsche Aktionäre, die Dividenden auf inländische Aktien erhalten, zahlen darauf 25 Prozent Kapitalertragssteuer (plus gegebenenfalls Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer), sobald der persönliche Freibetrag ausgeschöpft ist. Bei ausländischen Aktien wird es komplizierter: Hier fällt ausländische Quellensteuer an, für die es in jedem Land eigene Vorschriften gibt. In Großbritannien beispielsweise existiert gar keine Quellensteuer, in der Schweiz liegt sie hingegen bei üppigen 35 Prozent.

Der Begriff Quellensteuer kommt daher, dass diese Abgabe dort anfällt, wo sie entsteht – an der Quelle, also in dem Land, in dem die jeweilige Aktiengesellschaft ihren Sitz hat. Bitte beachten: Ausländische Quellensteuer müssen Sie bei Aktien nur auf Dividenden zahlen. Verkaufen Sie ausländische Aktien mit Gewinn, greift für gewöhnlich die deutsche Kapitalertragssteuer (übrigens auch eine Quellensteuer, aber eine inländische).

Finanzämter kassieren zweimal

Das Problem bei der ausländischen Quellensteuer: Nachdem das ausländische Finanzamt sie einbehalten hat, hält auch der deutsche Fiskus die Hand auf. Meist kassiert er noch einmal 10 Prozent Kapitalertragssteuer – berechnet für die komplette Bruttodividende.

Bei Aktien aus Ländern wie den USA, Großbritannien, den Niederlanden und Luxemburg zahlen Aktionäre in Summe meist 25 Prozent Steuern auf ihre Dividenden und müssen sich daher keine Gedanken um zu hohe Abzüge machen – Deutschland sieht für alle Dividendenerträge seiner Bürgerinnen und Bürger einen Steuersatz von 25 Prozent vor, egal aus welchen Ländern die Ausschüttungen kommen.

Bei Aktien aus Staaten, die hohe Quellensteuersätze haben, ergeben sich aber oft Steuerbelastungen, die über 25 Prozent liegen und damit teilweise erstattungsfähig sind. Wie hoch die Steuern genau sind, ist nicht leicht nachvollziehbar, weil Deutschland mit jedem einzelnen Land Doppelbesteuerungsabkommen getroffen hat und teils unterschiedliche Kapitalertragssteuersätze anwendet. Zudem gelten beispielsweise in Spanien steuerliche Freigrenzen für Dividenden, und in den USA ergeben sich erhöhte Abzüge, wenn (was nur selten vorkommt) die deutsche Depotbank das sogenannte "QI-Agreement" nicht unterzeichnet hat.

Laut dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), spezialisierten Anwaltskanzleien und Erstattungsdienstleistern können sich Anlegerinnen und Anleger derzeit unter anderem aus folgenden Ländern gezahlte Quellensteuer zurückholen:

  • Irland (max. 25% der Bruttodividende)
  • Schweiz (20%)
  • Finnland (max. 20%)
  • Frankreich (17,2%)
  • Schweden (15%)
  • Belgien (15%)
  • Österreich (max. 12,5%)
  • Dänemark (12%)
  • Italien (11%)
  • Norwegen (10%)
  • Kanada (10%)
  • Spanien (4%)

Rückforderungen müssen beim jeweiligen ausländischen Finanzamt gestellt werden und sind in der Regel bis drei Jahre rückwirkend möglich. Die dafür notwendigen Formulare finden sich auf der BZSt-Seite www.steuerliches-info-center.de unter dem Suchbegriff „Ausländische Formulare“. Zusätzlich brauchen Aktionäre meist noch eine Wohnsitzbestätigung vom eigenen Finanzamt.


Auszug aus dem irischen Antragsformular für die Erstattung von Quellensteuer. / Copyright: Irish Tax and Customs

Schwierigkeiten gibt es derzeit vor allem bei Rückforderungen aus Frankreich, Dänemark und Irland, für die teilweise sehr viele Nachweise erforderlich sind. Aber auch in anderen Ländern ist das Prozedere oft umständlich und teils mit hohen Kosten verbunden, weil die Anträge über die eigene Depotbank eingereicht werden müssen, die dafür in vielen Fällen Gebühren verlangt. Bei französischen Aktien beispielsweise lohnt sich eine Erstattung erst aber einer Dividendenzahlung von etwa 580 Euro.

Geduld ist gefragt

Deshalb empfiehlt es sich meist, Rückforderungen gebündelt für mehrere Jahre zu stellen. Wann die Erstattungen auf dem eigenen Konto eingehen, ist schwer abzuschätzen: In einigen Ländern dauert die Bearbeitung der Anträge wenige Wochen, in anderen wie etwa Italien teilweise mehrere Jahre.

Deutlich stressfreier ist eine Vorabbefreiung von Quellensteuer-Zahlungen. Dann ziehen die ausländischen Finanzbehörden erst gar keine Steuer ab, die Besteuerung erfolgt komplett in Deutschland. Vorabbefreiungen müssen allerdings über die Depotbank erfolgen, und längst nicht alle Banken bieten diesen Service an.

Die EU will die Erstattung vereinfachen

Alles in allem ist das Zurückfordern zu viel gezahlter Quellensteuer ein aufwendiges und oft so kostspieliges Verfahren, dass es sich nur lohnt, wenn aus einem Land höhere Dividendeneinnahmen zusammenkommen. Laut einer Umfrage des europäischen Anlegerverbands Better Finance und der deutschen Anlegervereinigung DSW versucht weniger als ein Drittel der europäischen Anlegerinnen und Anleger, sich ausländische Quellensteuer erstatten zu lassen, und nicht einmal die Hälfte von ihnen schafft es. Dadurch entgehen Investoren laut DSW pro Jahr fast 5,2 Milliarden Euro.

Die EU-Kommission möchte das Erstattungsverfahren nun beschleunigen und vereinfachen. Die für das Zurückfordern der Steuer häufig benötige Wohnsitzbescheinigung soll künftig innerhalb weniger Tage vom Finanzamt digital erstellt werden und ein Jahr gültig sein. Zudem plant die EU im Rahmen der sogenannten "FASTER-Richtlinie" zwei neue Schnellverfahren:

  • Bei der sogenannten „Steuererleichterung an der Quelle“ erhebt das ausländische Finanzamt nur den ermäßigten Quellensteuersatz gemäß dem jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen. Damit erübrigt sich ein Erstattungsantrag.
  • Beim „Schnellerstattungsverfahren“ wird zunächst die vollständige Quellensteuer fällig, der zu viel gezahlte Betrag soll allerdings innerhalb von 50 Tagen auf Antrag erstattet werden.

Das EU-Parlament hat dem Vorschlag der EU-Kommission bereits zugestimmt, eine Entscheidung des EU-Rats steht noch aus. Angeboten würden die Verfahren dann frühestens 2027. Und es dürften weiterhin erhebliche Gebühren anfallen, weil die Anträge auf Steuererstattung weiterhin über die Depotbanken gestellt werden sollen. Heißt: Für viele private Anlegerinnen und Anleger wird sich das Zurückfordern von Quellensteuer vermutlich auch künftig nicht lohnen.

Und wie sieht es bei Fonds und ETFs aus?

Wer Fonds oder ETFs mit ausländischen Aktien hält, muss sich über die Quellensteuer meist keine Gedanken machen: Für gewöhnlich kümmern sich die Fondsgesellschaften darum, dass die Steuer erstattet und den Anlegerinnen und Anlegern gutgeschrieben wird. Dabei spielt es keine Rolle, in welchem Land der Fondsanbieter ansässig ist.

Eine Übersicht über nachhaltige Aktien, die ECOreporter regelmäßig analysiert, finden Sie hier.

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